Periphere arterielle Verschlusserkrankung (PAVK):
Von der Schaufensterkrankheit zum Raucherbein
Verengungen und Verschlüsse in den Becken- und Beinarterien verursachen über Monate und Jahre hinweg eine Verschlechterung der Durchblutung der Beinmuskeln und der Haut. Erste Symptome treten auf, wenn durch körperliche Aktivität wie Gehen und Laufen der erhöhte Bedarf an sauerstoffreichem Blut in der Muskulatur nicht mehr gestillt werden kann. Krampfartige Schmerzen erzwingen ein plötzliches Stehenbleiben. Nach einer kurzen Pause kann der Weg wieder fortgesetzt werden. Diese Symptome werden generell als Schaufensterkrankheit bezeichnet.
Ist die Durchblutung noch stärker eingeschränkt, klagen die PatientInnen schon in Ruhe über krampfartige und ziehende Schmerzen in den Beinen. Eine Besserung der Symptome beschreiben Betroffene im Sitzen, wenn durch die Schwerkraft zusätzlich etwas mehr Blut in die Beine strömen kann. Nachts schlafen jene Personen oft im Sitzen oder sie lassen beim Liegen das kranke Bein aus dem Bett hängen. Im letzten Stadium der PAVK kommt es durch die schlechte Durchblutung zum Absterben von Gewebe und zur Entstehung chronischer, also nicht heilender, Wunden. Dieser Zustand wurde früher auch als Raucherbein bezeichnet.
DiabetikerInnen leiden zusätzlich oft noch an einer Schädigung der peripheren Nerven im Sinne einer Polyneuropathie. Dadurch kann das Schmerzempfinden deutlich herabgesetzt sein. Typische Symptome der Schaufensterkrankheit oder des gefäßbedingten Ruheschmerzes fehlen in diesem Fall, solche PatientInnen werden erst mit chronischen Wunden vorstellig.
Akute arterielle Gefäßverschlüsse durch die Verschleppung von Blutgerinnseln (Emboli) oder im Rahmen eines Unfalls bedürfen einer schnellen Diagnose und Therapie, weil in Ermangelung ausreichender Gefäßneubildungen, etwa bei der chronischen PAVK, ein Absterben der unterversorgten Muskelzellen nach sechs Stunden droht.
Einteilung der PAVK nach Fontaine
- Stadium I: Symptom- und Beschwerdefreiheit trotz arterieller Gefäßverengungen und Verschlüsse
- Stadium II: begrenzte Gehstrecke (Schaufensterkrankheit)
- IIa: beschwerdefreie Gehstrecke über 200 m
- IIb: beschwerdefreie Gehstrecke unter 200 m - Stadium III: Ruheschmerz
- Stadium IV: chronische Wunden und Gewebsuntergang (Raucherbein)
Therapie der PAVK
Ursache der chronischen Gefäßverschlüsse ist in ca. 90% der Fälle die Atherosklerose oder Gefäßverkalkung. Sie kann alle Abschnitte der arteriellen Strombahn vom Scheitel bis zur Sohle befallen und ist nach wie vor unheilbar. Durch eine gesunde Lebensführung ohne Zigaretten, mit viel Bewegung sowie mit Blutverdünnung und Behandlung der Risikofaktoren von Atherosklerose, z.B. des Blutzuckers, der Blutfette und des Hochdrucks, lässt sich das Fortschreiten der Erkrankung deutlich bremsen oder beinahe stoppen. Reichen all diese Maßnahmen nicht aus und kommt es zu einer Verkürzung der Gehstrecke unter 200 m (Stadium IIb), zu Ruheschmerz (Stadium III) oder zu chronischen Wunden (Stadium IV), ist eine Verbesserung der Blutzufuhr durch eine Gefäßdehnung mit oder ohne Stent-Implantation beziehungsweise durch einen chirurgischen Eingriff wie eine Thrombendarteriektomie oder Bypass-Anlage notwendig.
Nach interventionell-radiologischer oder chirurgischer Verbesserung der Blutzufuhr müssen die schon oben erwähnten therapeutischen Maßnahmen wie Nikotinkarenz, viel Bewegung, Blutverdünnung und Behandlung der Risikofaktoren von Atherosklerose weiterhin beherzigt werden, um ein Rezidiv möglichst zu vermeiden.
Gefäßdehnungen und Stent-Implantationen stellen gemeinsam mit chirurgischen Techniken ergänzende Therapieoptionen dar, die eine auf die Bedürfnisse der PatientInnen abgestimmte Verbesserung der Durchblutung ermöglichen. Kurze Gefäßverschlüsse werden grundsätzlich gedehnt und je nach dem primären Ergebnis noch mit einem Stent stabilisiert. Dabei wird in lokaler Vereisung die Leistenarterie punktiert und unter Röntgenkontrolle ein Draht über den Gefäßverschluss geschoben. Über diesen Draht können Ballons zum Aufdehnen der Engstelle und Stents vorgeschoben werden.
Davon ausgenommen sind kurze Gefäßveränderungen in der Leiste und solche auf Höhe des Kniegelenks. Durch die ständige Bewegung der Gefäßwand ist das Ergebnis nach Dehnungen und Stent-Implantationen über Gelenken deutlich schlechter und stellt nur für sehr alte und kranke PatientInnen eine Option dar.
Bei Durchblutungsstörungen in der Leiste wird die Verkalkung ausgeschält (Thrombendarteriektomie) und dann mit einem Stück Vene oder einem anderen Material ein Zwickel zur Erweiterung eingenäht (Patch-Plastik).
Je länger ein Gefäßverschluss ist, desto mehr profitiert eine Patientin bzw. ein Patient langfristig von einer Bypass-Operation. Dabei wird unter Verwendung von eigenen Venen oder Kunststoffschläuchen der verschlossene Gefäßabschnitt umgangen. Solange keine Infektion vorliegt, und bei Rekonstruktionen oberhalb des Knies, kann ohne Probleme ein künstlicher Gefäßersatz herangezogen werden. Bei Rekonstruktionen unterhalb des Knies hat sich der Gebrauch der körpereigenen Vena saphena magna („Krampfader“) am besten bewährt, sie sichert über Jahre die Durchblutung des Beins.